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Dienstag, 17. Februar 2015

Kuwait Concours d'Elegance 2015

Ein Concours d'Elegance an einem ungewöhnlichen Ort

Anfang September 2014 erhielt ich eine Email mit einer Einladung zum Concours d'Elegance nach Kuwait. Jetzt, im Februar 2015, war es soweit.

Seine Hoheit Scheich Nasser Al-Mohamma Al-Ahmad Al-Jabir Al-Sabah ist ein wichtiger Mann in Kuwait. Er ist ein Neffe des Emirs Sheikh Sabah Al-Ahmad Al-Jaber-Al-Sabah und war von 2006 bis 2011 Premierminister des kleinen Golfstaates, von dem man in Europa eigentlich so gut wie nichts weiß. Lediglich der Golfkrieg brachte Kuwait in das Bewusstsein der Allgemeinheit, als der Irak am 2. August 1990 in Kuwait einmarschierte und es drei Wochen später annektierte, um einen besseren Zugang zum Golf zu bekommen.



Sheikh Nasser jedenfalls ist ein großer Liebhaber von klassischen Automobilen. Gerüchten zufolge besitzt er weit über 1.000 Automobile (ich habe Zahlen von 1.800 bis 2.400 gehört) und hat demzufolge ein großes Interesse an einer internationalen Veranstaltung in seinem Land. Unter seiner Patronage organisiert das Historical Vintage & Classic Car Museum daher den internationalen Kuwait Concours d'Elegance, die erste Veranstaltung dieser Art im Mittleren Osten.




Dieser fand 2010, im Eröffnungsjahr des Museums, zum ersten Mal statt und hat sich seitdem, mit einer Pause in 2013, zu einer sehr ernstzunehmenden Veranstaltung entwickelt, die der Bevölkerung der Region die Möglichkeit eröffnet, einige der interessantesten Oldtimer der Welt live zu erleben. Der 4. Kuwait Concours d'Elegance (Hashtag #KCdE15) fand nun vom 11. bis 14. Februar 2015 statt. Und auf Einladung des Historical Vintage & Classic Car Museums und Sheikh Nassers hatte ich die Ehre, live dabei zu sein.

Auszug aus der Einladungs-Email


In Frankfurt stieg ich also in die Lufthansa-Maschine nach Kuwait, wo sich herausstellte, dass praktisch die gesamten Gäste der Business Class zu diesem Event unterwegs waren. Schon am Gate in Frankfurt traf ich Patrick Rollet, den Präsidenten der FIVA. Auch Dr. Franz Josef Paefgen (u. a. CEO von Bentley 2002-2011, Präsident von Bugatti Automobiles 2007-2011), war an Bord. Eine illustre Gesellschaft also, die sich hier auf den Weg nach Kuwait machte.

Dort angekommen wurden wir auf verschiedene Hotels verteilt und am nächsten Tag fand auch schon die offizielle Eröffnung der Veranstaltung statt. Mit großem Gefolge und unter erheblichem Medieninteresse traf abends auch Sheikh Nasser ein und inspizierte die ausgestellten Fahrzeuge und die Messestände der teilnehmenden Sponsoren mit großem persönlichen Interesse.




Die Liste der hochkarätig besetzten, 20-köpfigen Jury des Concours d'Elegance liest sich wie ein Who's Who der internationalen Oldtimerszene: Leonardo Fioravanti, Alfieri Maserati, Valentino Balboni und Dr. Andrea Zagato (Italien), Chris Bangle und Ken Gross (USA), Christian Philippen (Monaco), Dr. Franz Josef Paefgen und Dr.-Ing. Ulrich Bez (Deutschland), Patrick Rollet und Patrick Peter (Frankreich), HH Maharaja Manvendra Singh (Indien), Raja Gargour (Jordanien), Pony Karam (Libanon), Captain Talar Al-Mansey (Saudi-Arabien) und - last but not least - Sandra Button (Pebble Beach Concours d'Elegance, USA), um nur die wichtigsten zu nennen.

Die Jury nimmt die abschließende Parade der teilnehmenden Fahrzeuge am Marina Crescent ab

Auch die ca. 60 ausgestellten Oldtimer zeugen von fachkundiger Auswahl. Einige der Highlights waren z. B. der älteste existierende Lamborghini Countach LP400 aus dem Lamborghini-Museum, der erste offen Lamborghini - der 1965er 350 GTS Spyder, der 1968 Bizzarini Spyder Targa, oder das 1955er Mercedes-Benz 300 SLR Uhlenhaut Coupé. Aber auch in der Vorkriegsklasse traten spektakuläre Autos an: der 1935er Bugatti Type 57 Aerolite Electron mit Magnesium-Karosserie (obwohl ein Nachbau),  der 1933er Invicta S-Type 4,5 Litre Low Chassis (mein persönlicher Favorit), der 1931er Cadillac V-12 Fleetwood Phaeton, oder der 1924er Cadillac Type V63 aus Qatar, der sich in umrestauriertem Zustand präsentierte.


1968 Bizzarini Spyder Targa

1973 Lamborghini Countach LP400 - der älteste existierende Countach

Vorbereitungen am 1970er Lancia (Bertone) Stratos HF Zero
Läuft er noch nach dem Transport? Erstkontakt von Restaurieret Noek Stevens mit seinem Schützling, dem 1933er Invicta



Der Pagani Huarya - gleich vor Ort für 1,2 Mio Euro verkauft



1972 Porsche Carrera RS 2.7 mit exotischer Nummer



DasPutzgeschwader Präpariert die Autos für die Bewertung

Besitzerstolz - 1915 Ford T (Kingdom of Saudi Arabia) - das älteste Auto im Feld

Die Juroren Sandra Button (Chairman Pebble Beach Concours) und His Highness Rana Manvendra Singh (Indien) lassen sich von Abdullatif Ali Al-Yafei die Unterlagen des 1924 Cadillac Type V63 zeigen

1962 Rolls Royce Silver Cloud III

1965 Lamborghini 350 GTS Spyder - der allererste offene Lamborghini
Die Juroren am Lamborghini 350 GTS Spyder. Mit blauer Mütze: Dr. Andrea Zagato

Martin E. Button (Cosdel International) ist verantwortlich für den Transport zahlreicher Oldtimer zu internationalen Veranstaltungen

Jurymitglied Sandra Button im Gespräch mit der Besitzerin eines Oldtimers

Der 1933 Invicta wird genauestens betrachtet

in ganzer Pracht: 1933 Invicta S-Type 4.5 Litre Low Chassis

1958er Austin Healey 100 Six (Goldi) - gebaut für die 1958er London Motor Show at Earls Court

1935er Bugatti Type 57 Aerolithe Electron - mit Magnesium Karosserie. Nachgebaut in Kanada. Das Original ist unter mysteriösen Umständen nach der London Motor Show 1936 für immer von der Bildfläche verschwunden.
Video des Autos hier

Ein Besucher hat sichtlich Freude an den alten Autos

Der 13jährige Sohn des Besitzers des 1959er Cadillac hat ein erstaunliches Wissen über das Fahrzeug

Der Sandsturm am ersten Tag der Veranstaltung hat deutlich sichtbare Spuren auf dem 1953er Fiat 8V Supersonic hinterlassen
Liebeserklärung im Staub (1994 Porsche Turbo 3.6 aus dem Film "Bad Boys" beim den Hollywood Movie Cars

Supercars sind überall präsent in der Golfregion. Bei einem 15minütigen Spaziergang durch Kuwait, vom Hotel zum Veranstaltungsgelände,  habe ich 7 Ferrari, 6 Corvette C7, über ein Dutzend Porsche Cayenne, 5 Bentley, und jeweils weit über ein Dutzend Dodge Challenger und Ford Mustang gezählt.

Nachtstimmung

Blick hinüber zum Marina Hotel



Blick über die Marina zur Skyline von Kuwait-City

Der 1924er Cadillac Type V63 aus Qatar gewann am Ende den Preis "Best Preservation"




1965er Volvo P1800S aus dem Libanon

Mohsin macht Aufnahmen für seine Oldtimer-Freunde zuhause in Pakistan

1955 Mercedes Benz 300 SL aus Kuwait. Angeblich die originale Farbzusammenstellung (?)

Der Lancia (Bertone) Stratos HF Zero sieht aus allen Blickwinkels spektakulär aus. Würdevolles Ein- und Aussteigen ist jedoch nicht möglich.


1972 De Tomaso Pantera fährt über die Rampe am Marina Crescent

Die VIP-Lounge für die Honoratioren der kuwaitischen Gesellschaft

Es gibt keinerlei Alkohol in Kuwait. Dafür Tee und jede Menge toller, frischer Fruchtsäfte...

...und jede Menge hübsche Frauen, die nicht alle unter Burkas versteckt sind.
Bei manchen Frauen ahnt man jedoch schon anhand der Augen, dass sie gut aussehen müssen.

Kuwait ist recht liberal - wie sich Frauen in der Öffentlichkeit geben, scheint Privatsache der Familie zu sein.

Mit Eng. Zacharias Dashti, meinem Ansprechpartner vom Historical Vintage & Classic Car Museum Kuwait





Zuschauer bei der Parade der Oldtimer am Marina Crescent


Patrick Rollet (Präsident FIVA) findet Zeit, sich mit Ramin aus Teheran zu unterhalten, der schon seit 10 Jahren versucht, dass sein Verband MAFIRI FIVA-Mitglied und Repräsentant im Iran wird. Seit 2 Jahren helfe ich ihm dabei. Ich finde, jetzt sieht es sehr gut aus, nach diesem Gespräch.


Nächtliche Skyline

Hochhäuser in Kuwait

Während ein paar Kilometer weiter (in Saudi Arabien) Frauen noch nicht Autofahren dürfen, werden sie hier sogar zum Rennsport ermutigt.


Unser Ausflug in die Wüste stand unter keinem guten Stern - aber wann erlebt man schon mal einen (wenn auch leichten) Sandsturm?
Blinder Musiker

Strand unweit des Hotels


Daneben gab es auch noch eine eigene Musclecar-Klasse, die jedoch nicht im offiziellen Concours, sondern in dessen Rahmenprogramm gezeigt wurde. Die amerikanischen Sportwagen kamen offensichtlich alle aus Kuwait und wurden, ebenso wie die Fahrzeuge im Concours, von der Jury in einer eigenen Klasse bewertet. Entlang dem Halbreis der Marina Crescent waren einige Hollywood Movie Cars aufgestellt, die beim allgemeinen Publikum ebenfalls auf großes Interesse stießen. Darunter waren z. B. ein DeLorean (Back to the Future), ein Pontiac Trans Am (Knight Rider) oder ein GMC Grantura Van (A-Team).

Hollywood Movie Cars an der Marina Crescent 
 15 Fahrzeuge in der Muscle Car-Klasse

Das Rahmenprogramm umfasste mehrere Einzelveranstaltungen die in der näheren Umgebung abliefen und einen recht guten Einblick in die Oldtimer- und Sportwagenszene der Golfregion erlaubten: Ein Supercar Event, ein Ferrari Festival, das Kuwait Motorcycle Festival oder ein Treffen des Porsche Club Kuwait oder der Gulf Classic Car Group.

La Ferrari beim Ferrari-Festival
Eine Reihe amerikanischer Pickups der Gulf Classic Cars Group 


Biker
Für mich bot sich außerdem die Gelegenheit, auch Freunde aus etwas abgelegeneren Gegenden zu treffen. So sehe ich hier meinen Freund Ramin aus Teheran wieder, der als offizieller Vertreter der iranischen Oldtimerfreunde, die im Verband MAFIRI organisiert sind, hier ist. Und ich treffe zum ersten Mal persönlich Mohsin Ingram aus Karatschi, Pakistan, Gründer des Vintage & Classic Car Club of Pakistan VCCCP, mit dem ich schon längere Zeit per Internet kommuniziere. Dass die beiden sich bei dieser Gelegenheit ebenfalls kennenlernten, trägt auch wieder ein wenig zur allgemeinen Völkerverständigung bei.

 Erstes persönliches Treffen mit Mohsin Ikram (VCCCP) aus Karatschi/Pakistan am Eröffnungsabend des Kuwait Concours d'Elegance
Eine kleine Anekdote am Rande:
Als sich Ramin und Mohsin gegenseitig von ihren Aktivitäten erzählen, die mit Oldtimern zu tun hatten, kamen beide auf die Peking - Paris Rally zu sprechen, die Ende der 90er Jahre sowohl durch Pakistan als auch durch den Iran führte. Beiden hatten mit der Organisation bei der Durchführung ihrer jeweiligen Länder zu tun. Mohsin erzählte u. a. von einem Amerikaner, der mit einem roten Packard ohne Bremsen unterwegs war. Ramin sagte, dass er sich an dieses Team erinnert, weil sie keine Papiere mehr hatten (diese waren schon in China abhanden gekommen) und er einige Arbeit damit hatte, die notwendigen bürokratischen Schritte zu erledigen, um einen Durchquerung des Iran ohne Papiere auf halbwegs legale Art zu ermöglichen. Die Pointe ist, dass ich beide Geschichten bereits kannte - allerdings von meinem Freund Carl Schneider aus Kalifornien. Er war der Fahrer dieses Packard-Teams und erzählte mir beide Anekdoten, als ich die Rally bei ihrem Zwischenstopp am Bodensee besuchte (sie überstanden übrigens Pakistan ohne Bremsen und erreichten schließlich auch Paris ohne Papiere). Sofort wurde ein Foto gemacht, nach Kalifornien gemailt und siehe da, Carl erinnerte sich noch an beide. Die Welt ist klein.

Mitte: Ramin aus Teheran        Rechts: Mohsin aus Karatschi 

Ramin und Mohsin veranstalten beide Oldtimer-Rallies in ihren Ländern und haben sich natürlich gleich gegenseitig eingeladen. Und natürlich soll ich auch kommen. Einer Rally im Iran konnten wir ja bereits vor zwei Jahren beiwohnen, aber eine Rally in Pakistan wäre schon sehr reizvoll...

Der Smalltalk mit der offiziellen Event-Sprecherin - war mir sehr unangenehm... 


Bei der Siegerehrung - ein Preis für den schwarzen 1959er Cadillac von Khalid Fahd Al-Jabr, meinem neuen Freund aus Saudi Arabien

Fazit: 

Der 4. Kuwait Concours d'Elegance war eine ernstzunehmende Veranstaltung, die zwar etwas abgelegen, aber durchaus nicht unerreichbar ist. Flüge ab Frankfurt gibt es mit 1 oder 2 Zwischenstopps schon ab knapp € 400 (Royal Jordanian) oder € 534 (Qatar Aiways).  Die Lufthansa fliegt für ca. € 936 zwar teurer, aber dafür in knapp 6 Stunden direkt (alle Preise nachträglich recherchiert, bei kurzfristigem Reiseantritt). Hotels in Kuwait gibt es reichlich - ich war z. B. im IBIS Hotel Salmiya untergebracht, das bereits ab 37 KD (1 Dinar entspricht ziemlich genau 3 Euro, Stand 2/2015) zu buchen ist. Das Hotel liegt ca. 15 Minuten zu Fuß vom Veranstaltungsgelände entfernt. Kuwait ist ein sehr sicherer Ort, auch nächtliche Wege haben wir zu Fuß zurückgelegt, ohne jemals auch nur den hauch eines unsicheren Gefühls zu haben. Mit normalem Schulenglisch kommt man problemlos überall zurecht. Der Zeitunterschied zu Deutschland beträgt +2 Stunden.

Mit Martin Button in der Airport Lounge bei der Heimreise

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