Auf der Suche nach bemerkenswerten Leuten aus der weltweiten Oldtimerszene stoße ich irgendwann auf eine Person, deren "Eckdaten" mich neugierig machen. Der Mann lebt in Teheran und fährt einen Motion-Baldwin Phase III Camaro aus den 1970er Jahren. Das ist an sich schon spannend genug, um mein gesteigertes Interesse zu wecken.
Bei weiteren Recherchen stieß ich noch dazu auf einen gemeinsamen Bekannten, den ich ohnehin schon einmal besuchen wollte. Dieser wiederum lebt in Florida - ein Heimspiel sozusagen - und so stand der Plan schnell fest, ihn bei meinem nächsten Aufenthalt ebendort zu treffen und mehr zu erfahren.
Oktober 2012
Zwischenzeitlich läutete jedoch mein Telefon und Ramin, der Mann aus Teheran meldete sich. Zu meiner Überraschung war er für zwei Tage geschäftlich in München und es sollte somit am nächsten Tage möglich sein, dass wir uns treffen. Kurzerhand wurden alle Termine abgesagt und so fuhr ich gespannt mit dem Motorrad in die Münchner Innenstadt.
Leider hatten wir nur knapp 2 Stunden Zeit, aber es reichte zumindest, um sich persönlich kennenzulernen und festzustellen, das man "die gleiche Sprache spricht". Tatsächlich ist die internationale Kommunikation relativ einfach, wenn beide Gesprächspartner englisch sprechen. So zeigte er mir viele Fotos, die ihn und seine Oldtimerfreunde in Teheran und Isfahan zeigen. Sogar eine Oldtimer-Rallye veranstalten die Leute. Und einen Club haben sie auch: Die "Tehran Cafe Racers". Ich staune.
November 2012:
Vier Wochen später sitze ich in Sarasota bei Marty, dem Gründer der "Sarasota Cafe Racers" und diskutiere mit ihm über Sinn und Unsinn der Politik und warum er überhaupt Ramin kennt. Eigentlich ganz einfach, erklärt er mir, denn er hat vor einiger Zeit ein Buch über Motion-Baldwin (eine amerikanische Tuningfirma) und Ramin besitzt eben einen der seltenen Motion-Baldwin Camaros.
"Car Guys who lunch" in Sarasota, Florida, und ein paar der dazu gehörenden Autos.
Unten der Verfasser mit Marty, Gründer der "Sarasota Cafe Racers"
Das Gespräch führt unter anderem dazu, dass ich mich entschließe, mit meinem schon lange angedachten Vorhaben, eine lockeren Stammtisch für "Car Guys" zu gründen, ernst zu machen. Mein Gedanke war immer, abseits von allen Zwängen, die ein normaler Club mit sich bringt, in lockerer Reihenfolge und Atmosphäre mit angenehmen Leuten ohne Vereinsmeierei "Benzin zu reden". Eine Art "Cars & Coffee" also. Marty's "Non-Club Club" kam der Sache also schon recht nahe. Zurück in München, wurden daher bald die "Munich Cafe Racers" ins Leben gerufen, die sich seitdem in unregelmäßigen Abständen in unregelmäßigen Lokalen auf Zuruf treffen. Teilnehmen kann jeder, vorausgesetzt, er wird eingeladen. Wer Interesse hat, kann sich gerne über o. g. Link unverbindlich an mich wenden. Einzige Voraussetzung: Benzin im Blut. Der Besitz eines Autos (Oldtimer, Sportwagen etc.) ist zwar gerne gesehen und hilfreich, jedoch nicht zwingend. Die innere Einstellung zählt.
Während der folgenden Monate stehe ich via Internet in regem Kontakt mit Teheran und so reift mit der Zeit der Gedanke, in den Iran zu reisen und dort eine Oldtimerveranstaltung zu besuchen. Ich brauche nicht zu erwähnen, dass mich jeder für verrückt erklärte ob dieses "schwachsinnigen Vorhabens". Allen voran meine Frau, die jedoch dahingehend auch schon Kummer gewohnt ist...
Plötzlich steht der Termin - Anfang Mai soll sie stattfinden, die Oldtimer-Rallye von Teheran ans Kaspische Meer. Nicht, dass ich da immer schon mal hin wollte, aber trotzdem: Diese ungewöhnliche Veranstaltung interessierte mich von Anfang an, der Termin passte in meinen Kalender und so hatte ich wieder ein Ziel.
April 2012:
Im Juni sind Wahlen im Iran. Vielleicht ist das der Grund, warum es irgendwie mit der Genehmigung der Rallye nicht recht voran geht. Plötzlich rief mich eine freundliche junge Dame aus Teheran an und verband mit mit Ramin, der mir eröffnete, dass der Termin wohl um ca. 2 Wochen verschoben werden muss.
Dumme Sache, sage ich, denn da sind Pfingstferien und meine Frau hat sich extra Urlaub genommen, damit wir zusammen mit unserer Tochter wegfahren können. Kein Problem, meint Ramin, nimm sie doch einfach beide mit. Gute Idee eigentlich. Dass ich da nicht gleich von selbst darauf gekommen bin!
Die erste Reaktion auf meinen nahe liegenden Vorschlag, den anstehenden Urlaub im Iran, statt irgendwo entspannt am Strand zu verbringen, war, na ja, verhalten. Doch die anfängliche Ablehnung wich bald einem gewissen Interesse. Es folgten zahlreiche Debatten mit Familie, Freunden und Bekannten. Die praktisch einhellige Meinung all derer, die noch nie im Iran waren (also fast alle) war, dass das doch vollkommen unmöglich sei. Und gefährlich. Ebenso einhellig war jedoch die Meinung der wenigen, die schon mal dort waren, nämlich durchwegs sehr positiv. Klärende bilaterale Gespräche zum Thema kultureller Unterschiede, Kleiderordnung und sonstiger beachtenswerter Punkte folgten und sehr bald stand der Entschluss fest, dass wir zu dritt in den Iran reisen werden. Meine beiden Damen eben mit Kopftuch. Ist dann halt so und tut ja auch nicht weh.
18. Mai 2013
Die Urlaubsvertretung im Büro ist sichergestellt. Meine Emails werde ich wohl trotzdem erhalten und sicher auch zwischendurch mal bearbeiten können. Von daher ist also alles im grünen Bereich. Als sehr spannend erweist sind die Visa-Frage. Nach langem Hin und Her tendieren wir dazu, der Aussage von Ramin, der als einziger sagt, dass wir ein Touristenvisum bei Einreise in Teheran bekommen können (max. für 14 Tage), zu vertrauen. Alle (und ich meine alle) anderen Quellen im Internet - vom Auswärtigen Amt bis zur Handelskammer, sämtlichen Reiseveranstaltern, Globetrottern und Reiseblogs sprechen davon, dass man sehr wohl vorher ein Visum braucht. Das würde zudem nur ausgestellt, wenn man eine entsprechende "Reservierungsnummer" hat, die man irgendwie jedoch nirgends zu bekommen scheint. So entschließen wir uns zu einem hoffentlich klärenden Besuch des iranischen Konsulates in München. Das war vorgestern. Die Auskunft war relativ eindeutig: wir würden es schon am Flughafen bekommen. Schriftlich bekommen wir das allerdings nicht. So standen also 2 positiven ca. 20 negative Aussagen gegenüber. Klar Fall - übermorgen geht's los. Was kann schon groß schiefgehen? Höchstens, dass wir nicht einreisen können. Aber das klappt schon. Ich bin da ganz zuversichtlich.
Eine Frage bleibt jedoch offen: Ich kann wahrscheinlich diesen Blog von unterwegs nicht erreichen, um ihn zu aktualisieren. Wenn das wirklich so ist, werde ich eben täglich schreiben, aber erst nach unserer Rückkehr online veröffentlichen. Das sollte dann um den 30. Mai sein. Außer, wir können doch nicht einreisen. Dann wird es ein eher sehr kurzer Blog, der dafür aber bereits am 22. Mai öffentlich sein sollte.
Juni 2013
Wie erwartet, gab es keine vernünftige Möglichkeit, den Blog live zu schreiben. Das Internet war, wenn es überhaupt funktioniert hat, sehr langsam. Wie wir hörten, schien das auch mit der bevorstehenden Wahl zusammen zu hängen. So schreibe ich nun also den Blog nachträglich...
Juni 2013
Wie erwartet, gab es keine vernünftige Möglichkeit, den Blog live zu schreiben. Das Internet war, wenn es überhaupt funktioniert hat, sehr langsam. Wie wir hörten, schien das auch mit der bevorstehenden Wahl zusammen zu hängen. So schreibe ich nun also den Blog nachträglich...
20. Mai 2013
Das Abenteuer Iran nimmt seinen Lauf, als wir am Abend des
20. Mai in München das Flugzeug nach Dubai besteigen, wo wir am 21.5. frühmorgens
ankommen. Noch immer haben wir keinerlei Gewissheit, ob es mit der Einreise in den
Iran klappt oder nicht. In Dubai angekommen hetzen wir durch das lange Terminal, um sowohl am Schalter für Anschlussflüge, als auch am Gate
einigermaßen Verwirrung zu stiften. Mir scheint, dass die Frage, ob wir ohne bereits vorhandenes Visum überhaupt in die Maschine nach Teheran einsteigen können, nicht mit absoluter Sicherheit geklärt werden kann.
Schließlich bekommen wir aber unsere Bordkarten und können fliegen.
Die Maschine landet planmäßig auf dem Imam Khomeini
International Airport, rund 40 km südlich von Teheran. Angesichts der Tatsache,
dass Teheran eine 12 Millionen-Stadt ist, ist recht wenig los auf dem
Flughafen. Auf dem Weg zum Gepäckband erreichen wir bald ein Büro, das mit
einem schlichten Schild „VISA“ gekennzeichnet ist. Eine Handvoll Leute drängelt sich davor. Bewaffnet mit je 2 Passbildern (die Damen selbstverständlich mit Kopftuch), den bestätigten Rückflugtickets
etc. stelle ich mich an, um dann weder nach den Passbildern, noch nach der
geplanten Ausreise, geschweige denn nach den bestätigten Rückflugtickets
gefragt zu werden. Man fragt lediglich nach einer Kontaktadresse. Ich gebe dem
Beamten daraufhin die Telefonnummer unseres Freundes, der uns abholen wird und
werde gebeten, erst mal zu warten. Wenige Minuten später bekomme ich einen
Zettel und soll damit nebenan die Gebühr von je € 50 bezahlen. Weitere 5
Minuten später haben wir die Pässe samt Visum wieder in der Hand, begeben uns
zum Einreiseschalter (ohne anstehen!), bekommen dort sofort und ohne weitere Fragen unseren Stempel in den Pass gedrückt und
sind fertig. Die Einreise in die USA ist normalerweise deutlich umständlicher
(Fingerabdrücke usw).
Unser Freund wartet auch schon auf uns - angesichts der
überschaubaren Menschenmenge im Einreisebereich des Terminals sehen wir ihn
schon von weitem. Unser Gepäck wird noch mal durchleuchtet und fertig. Keinerlei
weiteren Fragen. So einfach ist das. Ich frage mich, wieso in Deutschland eine
solch krasse Desinformation betrieben wird.
Unser Gepäck wird teilweise auf dem Dach der viertürigen,
gelben Iran Khodro - Taxilimousine verzurrt, weil der Kofferraum wegen eines Gastanks nur eingeschränkt nutzbar ist, und so rollen wir spannungserfüllt
nach Teheran. Die Stadt erwartet uns mit einigermaßen chaotischen Verkehr. Mir fällt sofort auf, wie sauber es überall ist. Und dass es jede Menge Geschäfte gibt, die offenbar alles zum Verkauf bieten, was man so braucht. Eigentlich eine ganz normale Großstadt. Auch das Hotel erweist sich als vollkommen ok und nach einer kurzen Verschnaufpause auf dem Zimmer geht es auch schon weiter.
Der erste Programmpunkt ist ein Besuch des „Historical Car
Museums of Iran“. Das Museum liegt etwas außerhalb inmitten eines
Industriegebietes und beherbergt eine stolze Sammlung von Fahrzeugen, die
hauptsächlich aus dem Bestand der Familie des letzten Schahs von Persien
stammen. Natürlich kann man hier kein Museum „westlicher Qualität“ erwarten. Es
handelt sich eher um eine aufgeräumte Lagerhalle, aber immerhin sind die Autos
so vor Verfall und Vandalismus gerettet und können von der Öffentlichkeit
besichtigt werden. Dass dies hier überhaupt möglich ist, muss der freiwilligen
Arbeit der Männer des Classic Car Commitees der Automobilfederation
angerechnet werden, die auf diese Weise die Fahrzeuge vor „Verwertung“ durch
Verkauf oder Verschrottung retteten. In ihrer Freizeit haben sie hier aufgeräumt
und einige der vorhandenen Autos wenigstens soweit hergerichtet, dass sie
gezeigt werden können.
Ja, man könnte sich eine attraktivere Farbgebung für den Autobahnkurier vorstellen!
1925 Pierce Arrow
Das unumstrittene Highlight der im Jahr 2001 eröffneten
Ausstellung ist ein Mercedes-Benz Autobahnkurier von 1936, der hier einfach so
in äußerlich ziemlich unberührtem Zustand herumsteht. Leider ist der originale
Motor (laut noch vorhandenem Typenschild eine 5,4 Liter Maschine – es müsste
also ein 540 K sein, obwohl die Dokumentation von einem 500 K spricht) gegen
einen Cadillac V8 ausgetauscht worden. Trotzdem, wer hätte so etwas gedacht?!
Ebenfalls ein Highlight ist ein auf den ersten Blick
unscheinbarer, schwarzer Porsche 911, der eigentlich einer von nur 31 Porsche
934 RSR ist. Es handelt sich offenbar um den ursprünglich orange (Jägermeister)
lackierten Wagen des Max Moritz/Jägermeister Teams, dessen erstes Rennen 1976 am
Nürburgring stattfand – mit Startnummer 53 und einem respektablen dritten
Gesamtplatz (Fahrer u. a. Derek Bell). Neben einigen Ferrari, Lamborghini und einem Bizzarini 5300
GT Strada, sind noch der teilweise vergoldete Pierce Arrow von 1925 mit der
leicht zu merkenden Fahrgestellnummer 1 (Foto oben) und ein seltener 1956er Chrysler Ghia
300K Spezial sehr erwähnenswert. Letzterer war ein Geschenk des Schahs an seine
zweite Frau, Soraya.
Nachdem die Sammlung ausgiebig besichtigt ist, fahren wir in
die Hobby-Werkstatt eines Freundes unseres Gastgebers, die ganz in der Nähe
liegt. Dort finden wir neben einem wunderschön restaurierten, roten 1969er Ford
Mustang Mach I (der vor der Restaurierung auf einem Hillman Hunter Fahrwerk
stand und auch dessen Rücklichter trug) noch weitere amerikanische Fahrzeuge,
die auf Restaurierung warten. Darunter ein Buick Riviera oder ein Chevrolet
Pickup aus den frühen 50er Jahren, sowie weitere Ford Mustangs. Die aus Holz nachgebaute, amerikanische Tankstellen-Kulisse
(Texaco) verrät ein wenig über die Gesinnung des Hauherrn und den Enthusiasmus,
mit dem hier zu Werke gegangen wird.
Dodge Charger, noch im Dornröschenschlaf
Ein paar Häuser weiter befindet sich eine professionelle Werkstatt,
in der nicht nur normale Autos repariert, sondern auch Oldtimer restauriert werden.
Hier entdecken wir eine Buick Limousine aus den 70er Jahren mit angeblich rund
900 PS, die erst kürzlich einen neuen Porsche Panamera auf der Rennstrecke im
Sprint beeindruckend abgehängt hat, wie man uns erzählt. Über der Grube steht
ein weißer Porsche 356 A, der für die morgige Rallye vorbereitet wird. Der rote
Camaro im Hof ist schon startbereit. Wir sind also schon am ersten Tag
einigermaßen überrascht.
Weiter geht es zur „Motorcycle and Automobile Federation of
the Islamic Republic of Iran“ wo wir einen Termin mit dem Präsidenten, Herrn
Hamid Reza Mehrali und dessen engsten Mitarbeitern haben. Die Vorstandschaft
heißt uns herzlich willkommen und man freut sich offensichtlich über das erste
internationale Interesse an der Rallye, die natürlich auch vom guten Willen und
der Unterstützung der Föderation abhängig ist. Nach einem angenehmen Gespräch bei
Tee und Kuchen werden wir von weiteren Oldtimerfreunden „übernommen“, die uns nun
zu einem Oldtimersammler bringen, der bereit ist, uns seine private Oldtimersammlung
zu zeigen. Wir erfahren, dass es sich dabei um einen der reichsten Männer des
Iran handelt. Er erweist sich als überaus sympathischer Gastgeber der uns stolz
seine Schätze zeigt, die sich auf mehrere Parkplätze in unterschiedlichen
Etagen der Tiefgarage des Appartement-Hochhauses verteilen. Seine erklärten Lieblinge
sind ein wunderschönes Mercedes-Benz 320 Cabriolet und ein weißer 300 SL
Flügeltürer, sowie ein knallgelber Morgan Plus 4, der stolz das dritte
„H-Kennzeichen“ trägt, das überhaupt vom Iran vergeben wurde – eine
Errungenschaft des Classic Car Commitees.
Bei Tee und Knabbereien erzählt er uns in seiner Wohnung, die über einen tollen Blick über ganz Teheran verfügt, ein wenig über die gesellschaftliche Situation im Iran und wir verstehen, dass es nicht immer leicht ist, im Iran reich zu sein. Als wir langsam ans Aufbrechen denken, will er uns doch nicht gehen lassen, ohne zuvor einige seiner Autos wenigstens einmal kurz laufen zu lassen. Es ist eben überall das gleiche – das Kind im Manne spielt eine fundamentale Rolle im Oldtimerhobby. So begeben wir uns also wieder in die Tiefgarage und beginnen mit dem 300SL. Kaum ist er abgedeckt und aufgesperrt, drückt er mir die Schlüssel in die Hand und meint, dass ich doch sicher gerne mal fahren würde. Gut – darauf war ich nun wirklich nicht gefasst und mit halbwegs gemischten Gefühlen manövriere ich das wertvolle Auto aus der Tiefgarage und fahre damit einmal um den Block. Wer hätte gedacht, das meine erste Fahrt am Lenkrad eines 300 SL Flügeltürers nächtens durch Teheran führt?! Natürlich wollen nun auch meine Tochter und meine Frau eine Runde mitfahren, wofür ich das Lenkrad aber doch lieber dem Besitzer überlasse. Schließlich war der 300 SL wieder eingeparkt und nun wurde das Dach des 320er Cabrios geöffnet. Auch dieser Wagen sprang sofort an und mit insgesamt 6 Personen besetzt sind wir durch die nächtlichen Straßen der iranischen Hauptstadt gefahren, was durchaus Aufmerksamkeit erregte. Zahlreiche positive Zurufe aus offenen Autofenstern zeigen, dass es auch in der iranischen Gesellschaft Menschen gibt, die es zu schätzen wissen, dass solche Autos noch bewegt werden.
Ein gemeinsames, reichhaltiges Abendessen mit regionalen Gerichten (viel
Reis, viel Fleisch – das Essen erinnert ein wenig an die Türkei) beschließt
diesen erstaunlichen Tag und wir sind gespannt, was die Reise noch an Überraschungen
und Erlebnissen für uns bereithält.
Der zweite Tag im Iran. Heute beginnt die Rallye „Tehran to
Gilmaz 1392/2013“. Wir werden um 8 abgeholt und zum Startplatz gebracht. Dort
angekommen, finden wir bereits eine ansehnliche Menge von Old- und Youngtimern
vor. Überwiegend amerikanische Autos, gefolgt von deutschen Fabrikaten. Wir
sehen einige Camaros, zwei Corvettes aus den 70ern, einen Pontiac GTO, ein paar Mercedes. Überall
werden Startnummern und Sponsorenaufkleber angebracht. Es ist das gleiche Bild
wie bei heimischen Rallyes, das Ganze könnte sich auch irgendwo in Deutschland
abspielen. Der Chef der Föderation ist auch anwesend und beobachtet mit seiner
Delegation das bunte Treiben wohlwollend. Wir lernen Daniel Bernbeck kennen,
den Geschäftsführer der deutsch-iranischen Industrie- und Handelskammer (was es
alles gibt...), der vor zwei Jahren mit seinem 1971er 280S Mercedes W108 auf
dem Landweg von Teheran nach Berlin zu einem Mercedes-Treffen gefahren ist. Und
wieder zurück. Insgesamt rund 13.500 km. Begleitet wurde er dabei von seiner
Frau Annette und einem Freund, der die Tour mit seinem 76er W116 (280S) unter die
Räder nahm und der heute auch hier ist um an der Rallye teilzunehmen. Er ist
seines Zeichens Präsident des Mercedes Clubs Irans, spricht fließend deutsch
und verkauft hauptberuflich Porsche, sowohl im Iran als auch im Irak.
Auf dem Weg zum Mittagessen machen wir einen Stop in Lahijan,
einer 90.000 Einwohner-Stadt, die inmitten von ausgedehnten Teeplantagen liegt.
Tee wurde erst um 1900 aus Indien in den Iran eingeführt und ist seither hier
zur Tradition geworden. Der frische „Lahijan Spring Tea“ ist von besonders
guter Qualität und so findet sich in unserem Gepäck auch bald 1 kg iranischer
Tee. An der Basisstation der kleinen Seilbahn, die auf den Sheitan Kuh
(Teufelsberg) führt, haben sich zahlreiche Teebuden breit gemacht. Alle
illegal, wie wir erfahren, aber trotzdem sehr nett. Wir machen es uns auf einem der
mit Teppichen ausgelegten Sitzpodesten bequem und genießen den Ausblick bei ein
paar Gläsern Lahijan Chai und einer leckeren Honigmelone, die deutlich süßer
ist als ihre in Deutschland erhältlichen Artgenossen.
Am Ufer des Sees machen wir eine Mittagspause und verzehren die von der Rallyeorganisation mitgegebenen Lunchpakete (Hamburger, gar nicht mal schlecht!) und eine Wassermelone. Daniel Bernbeck ist heute bei uns mit in der Gruppe, da sich unsere Kinder gleich angefreundet haben und nun natürlich zusammen fahren möchten.
21. Mai 2013
Start mit Übergabe der Rallyeunterlagen - ich helfe ein wenig mit
Zunächst führt die Route über 35 km Autobahn, bis die Stadt
endgültig hinter uns liegt. Wir fahren in einem der Supportfahrzeuge mit, unser
Fahrer war für die Streckenführung der Rallye verantwortlich und kommt daher
ohne Roadbook aus. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil, denn lesen kann ich
das in Farsi abgefasste Roadbook ohnehin nicht. An einem der zahlreichen
Melonenstände (blaue, mit einem Berg von Wassermelonen beladene Pickups, die
einfach am Straßenrand parken) nehmen wir zwei besonders vielversprechende
Exemplare als Wegzehrung mit und verspeisen sie kurz darauf an einem
strategisch günstig gelegenen Parkplatz. Andere Teilnehmer brummeln mit sattem
V8-Sound vorbei. Die Straße führt bergan durch den Elburs, ein Hochgebirge, das
bis zu 5.671 m (die höchste Erhebung ist der Vulkan Damavand) hoch aufragt und
die Teheran vom Kaspischen Meer trennt.
Plötzlich große Aufregung. An einer Polizeistation wurden
einige Teilnehmerfahrzeuge der Rallye aufgehalten. Es stellt sich heraus, dass
die Polizei hier offenbar nichts von der Rallye weiß. Der diensthabende Chef
will auch die Kopien der Genehmigung nicht akzeptieren und droht zunächst
damit, dass gar keiner weiterfährt. Nach längeren Verhandlungen schließlich, können einige Teilnehmer weiterfahren. Allerdings müssen sie die Startnummern
und Sponsorenaufkleber entfernen, um wie völlig normale Verkehrsteilnehmer
auszusehen. Es wird weiter verhandelt, Führerscheine und Fahrzeugpapiere werden
eingesammelt und überprüft, die Föderation angerufen. Scheinbar hat die
Genehmigungsbehörde versäumt, diese Polizeistation von der Rallye zu
informieren. Sicher spielt es auch eine Rolle, dass aufgrund der bevorstehenden
Präsidentschaftwahlen Mitte Juni eine gewisse Nervosität herrscht. Nach ca. 3
Stunden klärt sich jedoch alles auf und alle dürfen weiterfahren.
Die Gebirgsstraße führt durch ein enges Tal, in dem dicke
Wolken und Nebel hängen. Im Wald sind hier und da noch Schneereste zu sehen, wir
sind sicher in ca. 3.000 m Höhe unterwegs. Es beginnt leicht zu regnen und ist
einigermaßen ungemütlich, trotzdem ist die Gebirgslandschaft sehr
beeindruckend.
Plötzlich erwartet uns eine Gruppe Motorradfahrer am Straßenrand. Sie wollen uns zur Mittagspause eskortieren. Durch die Verzögerung sind wir schon sehr spät dran, aber für die Mitglieder des örtlichen Motorsportclubs ist es ein willkommener Anlass, ihre schweren Maschinen zu bewegen. Normalerweise dürfen im Iran nur Motorräder bis 250 ccm gefahren werden. Für die schweren Maschinen gibt es genau definierte Ausnahmen. Sie dürfen nur auf Rennstrecken zu Veranstaltungen (und dem Weg dorthin), oder eben zu solchen Anlässen auf der Straße bewegt werden. Die Motorradler nutzen die Gelegenheit auch weidlich aus und fahren forsch voran, lassen sich wieder zurückfallen, nur um wieder etwas beschleunigen zu können. Ein nicht ganz ungefährliches Spiel, wenn ich mir den Zustand der teilweise noch regennassen Straße und die Tiefe des Restprofils der Motorradreifen ansehe. Aber die Jungs beherrschen ihre Fahrzeuge ganz souverän. Als wir das Lokal erreichen, realisiere ich, dass die Nummernschilder der großen Motorräder alle ein knapp 10 x 10 cm großes, farbiges Passbild des berechtigten Fahrers aufweisen - so etwas habe ich bisher auch noch nie gesehen.
Da das Hochgebirge zwar rund 600 km lang, aber nur rund 80 km breit ist, erreichen wir bald das Kaspische Meer und sind somit dem Tagesziel Ramsar schon ganz nahe. Das Hotel versprüht ein Ambiente, das sehr an ähnliche Anlagen in der ehemaligen DDR erinnert. Tatsächlich wird es auch als eine Art „Erholungsheim für Funktionärsgattinen“ genutzt. Dementsprechend viele, in schwarze Tschadors gehüllte, also eher konservative, Frauen sind hier anzutreffen. Da wir als offizielle Gäste der Föderation bei dieser Rallye dabei sind, hat man für uns das beste Zimmer vorgesehen. Eigentlich ein ganzes Haus, deutlich näher am Strand gelegen, als der Rest des Hotels und außerdem kreisrund und mit einem riesigen Wohnzimmer.
Plötzlich erwartet uns eine Gruppe Motorradfahrer am Straßenrand. Sie wollen uns zur Mittagspause eskortieren. Durch die Verzögerung sind wir schon sehr spät dran, aber für die Mitglieder des örtlichen Motorsportclubs ist es ein willkommener Anlass, ihre schweren Maschinen zu bewegen. Normalerweise dürfen im Iran nur Motorräder bis 250 ccm gefahren werden. Für die schweren Maschinen gibt es genau definierte Ausnahmen. Sie dürfen nur auf Rennstrecken zu Veranstaltungen (und dem Weg dorthin), oder eben zu solchen Anlässen auf der Straße bewegt werden. Die Motorradler nutzen die Gelegenheit auch weidlich aus und fahren forsch voran, lassen sich wieder zurückfallen, nur um wieder etwas beschleunigen zu können. Ein nicht ganz ungefährliches Spiel, wenn ich mir den Zustand der teilweise noch regennassen Straße und die Tiefe des Restprofils der Motorradreifen ansehe. Aber die Jungs beherrschen ihre Fahrzeuge ganz souverän. Als wir das Lokal erreichen, realisiere ich, dass die Nummernschilder der großen Motorräder alle ein knapp 10 x 10 cm großes, farbiges Passbild des berechtigten Fahrers aufweisen - so etwas habe ich bisher auch noch nie gesehen.
Unsere Motorradeskorte
Das für uns unlesbare Banner heißt die Rallye willkommen. Der örtliche Bürgermeister begrüßt uns zudem persönlich und überreicht uns eine Erinnerungsurkunde (die wir allerdings leider auch nicht lesen können).
Da das Hochgebirge zwar rund 600 km lang, aber nur rund 80 km breit ist, erreichen wir bald das Kaspische Meer und sind somit dem Tagesziel Ramsar schon ganz nahe. Das Hotel versprüht ein Ambiente, das sehr an ähnliche Anlagen in der ehemaligen DDR erinnert. Tatsächlich wird es auch als eine Art „Erholungsheim für Funktionärsgattinen“ genutzt. Dementsprechend viele, in schwarze Tschadors gehüllte, also eher konservative, Frauen sind hier anzutreffen. Da wir als offizielle Gäste der Föderation bei dieser Rallye dabei sind, hat man für uns das beste Zimmer vorgesehen. Eigentlich ein ganzes Haus, deutlich näher am Strand gelegen, als der Rest des Hotels und außerdem kreisrund und mit einem riesigen Wohnzimmer.
Ramsar, eine kleinere Stadt mit ca. 35.000 Einwohnern, war
früher ein beliebter Badeort, der seine besten Zeit schon länger hinter sich
hat. Auch der Schah hatte hier sein Ferienhaus. Einige moderne Hochhäuser
zeugen jedoch davon, dass es wohl wieder etwas aufwärts geht, mit diesem Ort,
der übrigens über den am niedrigsten gelegenen Flugplatz der Welt verfügt (21 m
unter dem Meeresspiegel). Ein weiteres Superlativ ist, dass hier die weltweit
höchste natürliche Strahlenbelastung gemessen wird, hervorgerufen
durch heiße Quellen. Und noch etwas erscheint sonderbar: 1971 wurde hier die
sog. Ramsar-Konvention unterschrieben, eine der frühesten internationalen
Abkommen zum Thema Umweltschutz. Von all diesen Rekordmarken bemerkt man aber rein
gar nichts. Nur der kleine Flugplatz ist von der Straße zu sehen, bietet aber
wohl nur noch einigen Sportflugzeugen eine Heimat.
22. Mai 2013
Der zweite Rallyetag ist eher unspektaklär. Entlang der
Küstenstraße geht es zum Lunch nach Rascht, der Hauptstadt der Provinz Gilan.
Mit knapp 900.000 Einwohnern ist Rascht die größte Stadt am südlichen
Kaspischen Meer. Aufgrund der Lage gibt es hier deutlich stärkere Niederschläge
als im Rest des Landes, was zu einem üblicherweise schwülen Sommerklima führt.
Durch die hohen Niederschlagswerte kann hier im Nord-Iran auch Reis angebaut
werden. Den Anblick von Arbeitern in den ausgedehnten und überfluteten
Reisfeldern haben wir so auch nicht erwartet, als wir uns Gedanken gemacht
haben, was uns im Iran denn so erwartet.
Übrigens - der Name der Rallye „Tehran to Gilmaz“ leitet
sich von den Provinzen Gilan
und Mazandaran (Ramsar ist
die Hauptstadt dieser Provinz) ab.
Blick auf den Lahijan Lake
In Rascht angekommen muss ich gleich mehrere TV-Interviews
geben und werde außerdem noch von einem Mitglied des Parlaments begrüßt. Der
Mann, scheinbar ein beliebter und geschätzter Politiker hier in der Provinz, sitzt im Rollstuhl
und heißt uns herzlich ins einer Heimat willkommen. Er versichert sich, dass es
uns gut geht und an nichts fehlt. Außerdem bietet er seine Hilfe an, sollten
wir irgend etwas vermissen oder brauchen. Was will man mehr.
Als die Rallye wieder aufbricht haben sich zahlreiche
Zuschauer an der Straße versammelt und sind fasziniert von dem seltenen Anblick
der klassischen Fahrzeuge. Einen kleinen Eindruck der Situation bekommt man
hier in diesem Video. Wir verlassen die Stadt in einem Pulk von Camaros – ein seltsamer Anblick
angesichts von Moscheen und Plakaten, von denen der schon 1989 verstorbene
Revolutionsführer Ayatollah Khomeini und sein Nachfolger, der Oberste
Rechtsgelehrte Imam Sayyed Ali Chamenei auf die Straße herunter blicken.
Der Rallyetross bewegt sich nun auf der gleichen Strecke
wieder zurück nach Ramsar. Wir halten unterwegs an einer Bäckerei und kaufen
einige Süßigkeiten. Der Iraner liebt Süßigkeiten und dementsprechend vielfältig
ist das Angebot.
Wieder zurück im Hotel in Ramsar spielt sich der Abend
überwiegend in der Lobby ab. Dort ist WLAN-Empfang (seeeeehhhhhr langsam, aber
immerhin) und Zeit, Benzin zu reden. Ich unterhalte mich unter anderem mit
einer sehr bemerkenswerten Frau. Sie ist nicht nur nett, klug und gutaussehend
– sie ist vor allem Rennfahrerin. Eine Konstellation, die so außergewöhnlich
ist, dass ich mit ihr ein Interview vereinbare, wenn wir wieder zurück in
Teheran sind.
23. Mai 2013
Der Start am nächsten Morgen ist für 8 Uhr angekündigt. Zum
Glück hat man uns hinter vorgehaltener Hand gesagt, dass eigentlich 9 Uhr oder
gar 9:30 Uhr gemeint sind, aber die Teilnehmer, da sie Iraner sind, gerne etwas
verspätet aufschlagen. Daher gibt man als Startzeit vorsichtshalber mal 8 Uhr an, um
sicherzustellen, dass es um halb 10 wirklich losgeht. Tatsächlich müssen um
9:20 noch einige Teilnehmer telefonisch aus dem Bett geklingelt werden.
Zunächst führt die Strecke wieder die Uferstraße entlang,
die bereits gestern gefahren wurde. Nach einigen Kilometern biet die Route dann
jedoch links Richtung Süden ab und erklimmt wieder das Gebirge. Auf
Nebenstrassen werden wir kräftig durchgeschüttelt. So gut die Hauptstraßen
eigentlich sind, so schlecht sind teilweise die Nebenstraßen. Wobei es
besonders tückisch ist, dass auf ein paar ordentliche Kilometer unvermittelt
Kraterlandschaften folgen. Zudem sind in unregelmäßigen Abständen Schwellen
eingebaut, um den Verkehr herab zu bremsen. Übersieht man eine, kracht es
gewaltig im Fahrwerk.
Bald ist ein Stausee erreicht, umsäumt von zwei bis drei
Dutzend Windrädern zur Stromerzeugung. Kurz vorher hat die Farbe der Landschaft
von grün (Tee, Reis, Bäume etc.) zu beige-braun (Wüste, Sand, Felsen, Geröll)
gewechselt. Der Stausee in der wüstenartigen Landschaft mit den Bergen
rundherum erinnert mich stark an den Lake Mead unweit von Las Vegas.
Am Ufer des Sees machen wir eine Mittagspause und verzehren die von der Rallyeorganisation mitgegebenen Lunchpakete (Hamburger, gar nicht mal schlecht!) und eine Wassermelone. Daniel Bernbeck ist heute bei uns mit in der Gruppe, da sich unsere Kinder gleich angefreundet haben und nun natürlich zusammen fahren möchten.
Bald werden die Straßen wieder breiter und wir bewegen uns
in südlicher Richtung auf Teheran zu. Die letzten Kilometer nutzen wir wieder
die Autobahn und stehen prompt im Stau. Das Ziel der Rallye ist am Eingang zu
einem großen Sportgelände, in dem sich auch eine kleine Rennstrecke befindet,
die den hiesigen Motorsportfreunden als Trainingsgelände zur Verfügung steht.
Leider findet keine Sonderprüfung auf der Strecke statt. Vermutlich ist das
organisatorisch nicht zu stemmen, denn im Gegensatz zu Europa fahren hier die
Veranstalter selbst ebenfalls bei der Rallye mit. Dementsprechend sind sie vor
Pannen und Verzögerungen ebenso wenig geschützt wie die anderen Teilnehmer. Es
möchte sich hier eben keiner die Gelegenheit entgehen lassen, mit seinem Old- oder
Youngtimer einmal aus der Stadt heraus zu kommen. Somit findet an diesem Abend logischerweise auch keine Siegerehrung oder sonstige Abendveranstaltung statt. Die Teilnehmer
unterhalten sich noch ein wenig miteinander und schließlich tritt jeder für
sich die Heimfahrt an und die ganze Angelegenheit löst sich einfach auf. Die
Siegerehrung findet am darauffolgenden Wochenende statt und bietet so einen
erneuten Anlass, sich zu treffen.
Der 435 m hohe Milad Tower in Teheran, der sechsthöchste Fernsehturm der Welt und auf Platz 19 der welthöchsten Bauwerke
Da auch Ramin mit seinem Motion-Baldwin Camaro wegen eines
undichten Wasserschlauches liegen geblieben ist, fahren wir mit Daniel zu ihm nach
Hause, um den Kindern noch etwas Gelegenheit zum spielen zu geben. Auf der
Terasse erzählt er aus seiner unerschöpflichen Erfahrung, die er im Lauf seines
Lebens im Iran gesammelt hat. Sein Vater war der evangelische Pfarrer in Teheran
und Daniel ist praktisch hier aufgewachsen. Selbstverständlich spricht er fast
muttersprachlich Farsi und kennt die iranische Gesellschaft samt ihrer
Eigenheiten in- und auswendig. Immer mehr verwundert es uns, wie wenig man in
Deutschland über dieses Land und seine Kultur weiß.
Die Idee des Abends ist, eine Pizza essen zu gehen. Hassan
macht angeblich die beste Pizza im Iran und gleich nebenan ist eine Eisdiele.
Nichts wie los also. Daniels 7-Sitzer reicht genau aus und in einer halben
Stunde ist das Ziel erreicht. Der Verkehr scheint auch in der Nacht kaum
nachzulassen und zahlreiche Baustellen vergrößern das Chaos noch. Die Eisdiele
ist gerammelt voll, der Andrang schier unglaublich. Daniel kennt die deutsche
Frau des Eisdielenbesitzers und so ergattern wir schließlich alle einen Sitzplatz.
Hassan liefert die Pizza in die Eisdiele und tatsächlich – sie schmeckt tadellos.
Wie in Italien. Und auch das "original italienische" Eis, das wir uns als Dessert genehmigen, lässt
keinerlei Wünsche offen. Praktischerweise sind die Schildchen, mit denen die
verschiedenen Eissorten gekennzeichnet sind, aus Deutschland, was uns die
Auswahl sehr erleichtert.
Die Kinder schlafen praktisch schon im stehen, als uns
Daniel zum Hotel bringt. Der Verkehr hat eher noch zugenommen, da ab einer
bestimmten Uhrzeit abends auch LKW ins Stadtgebiet fahren dürfen. Somit sind
die Straßen voll mit Baustellenlastern und Lieferfahrzeugen. Wir hören noch,
dass auch Ramin, seines Zeichens verantwortlicher Veranstalter der Rallye,
schließlich gegen 23:00 Uhr im Ziel gelandet ist, nachdem seine Panne behoben
und ein anderer Teilnehmer abgeschleppt wurde.
Umgeben von doppelstöckigen Arkaden und mehreren bedeutenden Gebäuden begründete dieser Platz alsbald den sagenhaften Ruf Isfahans, der heute noch mitschwingt, wenn man den Namen dieser orientalischen Stadt hört. Die armenischen Christen waren bekannt als Händler und Handwerker und so dauerte es nicht lange, bis ein reiches Zentrum des Handels zwischen Orient und Okzident entstand. Genau hier verlief die südliche Route der Seidenstraße und so wundert es auch nicht, dass Küche und Kultur von der Türkei bis ins nördliche Indien so viele Ähnlichkeiten ausweisen. Der Ruf Isfahans als "schönste Stadt der Welt" kommt sicher auch daher, dass die Stadt jedem Reisenden nach Tagen und Wochen der Entbehrungen in den umgebenden, weitläufigen Wüstengebieten wie eine Oase, wie das Paradies auf Erden vorkommen musste.
Der späte Nachmittag gestaltet sich ruhig und erst gegen Abend rücken wir wieder aus. Wir spazieren ein wenig am Fluss herum, sehen kleine Privatgärten, eher Parzellen, auf denen Privatleute ihr eigenes Gemüse anbauen. Bei manchen ist die Ernte so groß, dass sie das, was sie selbst nicht essen können, gleich direkt am Straßenrand zum Verkauf anbieten.
24. Mai 2013
Um 9:00 Uhr werden wir vom Hotel abgeholt und fahren
zunächst in die Tiefgarage eines unserer neuen Freunde. Er hat ein paar Blocks
weiter ein sehr repräsentatives Bürogebäude, dessen Tiefgarage mit 100 Plätzen
durchaus auch repräsentativ ist. In der untersten Etage ist das letzte Stück
abgeteilt. Dahinter verbirgt sich eine Werkstatt, in der gerade ein Ford
Mustang, ein 190 SL und ein 220er Mercedes, der schon weit über eine Million
Kilometer hinter sich hat, restauriert werden. Außerdem parkt hier der braune Maserati
Khamsin, der auch bei der Rallye dabei war.
Ein weiteres Highlight der Tiefgarage ist ein Dodge Daytona,
der hier – ohne seinen beeindruckenden Heckspoiler – auf seine Restaurierung
wartet. Der Flügel ist allerdings bereits gerichtet und wartet, fein säuberlich
in Kartons verpackt, ebenfalls auf seinen erneuten Einsatz.
Vorübergehend flügelloser Dodge Daytona
Nachdem die Tiefgarage eingehend inspiziert und genug Benzin
geredet wurde, machen wir uns auf den Weg nach Isfahan, ca. 450 km südlich von
Teheran im Zentrum des Landes gelegen. Unser Gepäck ist bereits wieder auf dem Dach befestigt und so
aufgepackt rauscht unser Taxi über die Autobahn. Die Landschaft sieht der
Mojave-Wüste zwischen Los Angeles und Las Vegas täuschend ähnlich. Würde man
hier unvermittelt auswachen – man müsste auf die Kennzeichen der Autos schauen,
um festzustellen, wo man ist. Unser Fahrer macht uns darauf aufmerksam, dass
wir auf die eine Seite nicht fotografieren dürfen, weil sich dort
Überlandstromleitungen befinden. Mir ist zwar rätselhaft, was man dabei ausspähen
könnte – ist doch in Google Earth mehr zu sehen als ich je auf ein Foto bringen
könnte – aber ich respektiere natürlich die geltenden Vorschriften.
In Isfahan empfängt uns Ali, der „Chef“ der Isfahan Cafe
Racers und Manager des hiesigen Classic Car Committees. Ali besitzt zwei
Modegeschäfte in Isfahan und zudem 13 Autos. Wir treffen ihn im Abbasi Hotel,
das als bestes Hotel im Iran gilt. Tatsächlich ist die ehemalige Karawanserei aus
der Zeit der Safawiden (17. Jahrhundert) ein Juwel. Der quadratische Innenhof
beherbergt einen herrlich angelegten Garten samt Café (und WLAN!). An das
Geviert des Bauwerkes schließt nördlich ein langgestreckter Bazar an, in dem schon
damals Waren verkauft wurden, die von den Karawanen über die südliche
Seidenstraße herbeigebracht wurden. 1957 wurde das Gebäude auf Anraten des damaligen
Direktors der Iranian Archeological Service, Andre Godard restauriert und zu
einem Hotel umgebaut, das heute einer iranischen Versicherungsgesellschaft
gehört. Die Verzierungen der Lobby und der angrenzenden, öffentlichen
Räumlichkeiten erinnert an die Paläste Rajasthans. Spiegelmosaike und buntes
Glas schaffen auch hier ein herrschaftliches Ambiente.
Ali bietet uns noch eine nächtliche Rundfahrt durch seine Heimatstadt, die über jede Menge gepflegter Parks und einige sehenswerte Brücken
verfügt. Die bekannteste ist die Si-o-se Pol, die 33-Bogen-Brücke, die
wunderschön beleuchtet den Zayandeh Rud überspannt. Wir bekommen sogar noch
eine iranische Spezialität: Bastani Akbar Mashti – ein zäh-cremiges Safran-Eis, das wunderbar schmeckt. Seine
eigenartig zähe Konsistenz verdankt das Eis einem salaab genannten Pulver (türkisch: Salep). Man lernt nie aus und
wir hoffen, noch einmal eine Gelegenheit zu haben, dieses leckere Safran-Eis zu probieren.
Yum!
Abschließend lädt uns Ali noch zu einer „Party“ bei seinen
Schwiegereltern ein. Eigentlich weniger Party, vielmehr ein Zusammentreffen der Verwandtschaft, das in
2-Wochen-Abständen bei abwechselnden Gastgebern abgehalten wird. So kommt jeder
einmal dran und die Familie trifft sich regelmäßig. Wie überall fällt uns auch
hier auf, dass in einer iranischen Wohnung scheinbar viel zu viele Sitzgelegenheiten
vorgehalten werden. Angesichts solcher Familientreffen relativiert sich das
aber. Im privaten Rahmen ist auch keine Rede von Kopftuch und Mänteln. Vielmehr
sind die jungen Frauen modern und modisch gekleidet und tragen „Hausschuhe“ mit
sehr hohen Absätzen. Ein anwesender älterer Herr erzählt, dass er mich (und auch Ali's Vater) gestern
im Fernsehen gesehen hat - anscheinend wurde eines der Interviews im ganzen Land
ausgestrahlt. Plötzlich sind Kirchenglocken zu hören. Erstaunt fragen wir nach
und erfahren, dass es in Isfahan seit jeher eine große (und sehr geachtete)
Gemeinde armenischer Christen gibt.
25. Mai 2013
Endlich mal etwas länger schlafen. Nach fünf vollgepackten
Tagen ist es auch mal schön, erst um 10:30 aufzubrechen. Wir bekommen gerade noch
unser Frühstück, bevor alles weggeräumt wird. Als erstes geht es zum Imam-Platz
(früher King’s Square, ursprünglich Naqsch-e Dschahan – "Abbild der Welt"). Der rechteckige,
offene Platz, erbaut von 1590 bis 1595 durch König Abbas I ist mit 560 x 160 Metern und somit fast 9 Hektar Fläche noch heute einer
der größten öffentlichen Plätze der Welt. Ein Grund für diese Größe war des
Bauherrn Leidenschaft für das Polospiel, denn der Platz beherbergte
unter anderem auch ein ca. 275 x 180 m großes Polofeld. Und das, wie gesagt,
vor weit über 400 Jahren!
Blick in Richtung Süden auf die Königsmoschee
Umgeben von doppelstöckigen Arkaden und mehreren bedeutenden Gebäuden begründete dieser Platz alsbald den sagenhaften Ruf Isfahans, der heute noch mitschwingt, wenn man den Namen dieser orientalischen Stadt hört. Die armenischen Christen waren bekannt als Händler und Handwerker und so dauerte es nicht lange, bis ein reiches Zentrum des Handels zwischen Orient und Okzident entstand. Genau hier verlief die südliche Route der Seidenstraße und so wundert es auch nicht, dass Küche und Kultur von der Türkei bis ins nördliche Indien so viele Ähnlichkeiten ausweisen. Der Ruf Isfahans als "schönste Stadt der Welt" kommt sicher auch daher, dass die Stadt jedem Reisenden nach Tagen und Wochen der Entbehrungen in den umgebenden, weitläufigen Wüstengebieten wie eine Oase, wie das Paradies auf Erden vorkommen musste.
Allgegenwärtige Satteltaschen - aus Baumwolle oder Kunstfaser erhältlich. Einfach und praktisch.
Die Nordseite des Platzes bildet den Eingang zum großen
Bazar. Genau so etwas wurde von meinen beiden Damen schon lange herbeigesehnt
und so tauchen wir in das Halbdunkel des Bazargewimmels ein und bleiben schon
an einem der ersten Läden hängen. Im Gegensatz zum Bazar in Istanbul sieht man
hier praktisch gar keine Touristen. Das Warenangebot dagegen ist teilweise sehr ähnlich.
Wir lernen, dass vieles im Istanbuler Bazar offensichtlich von hier kommt. Teilweise sicher auch andersrum. Natürlich ist hier
die "Teppichgewichtung" wesentlich deutlicher ausgeprägt. Leider lässt es unser
Budget nicht zu, dass wir uns einen echten persischen Teppich kaufen und so
haben wir schon einen guten Grund, eines Tages zurück zu kehren. Denn wenn schon
Teppich, dann wenigstens selbst im Ursprungsland holen!
Nachdem der Bazar ausgiebig durchforstet und leer gekauft
ist, führt uns Ali in ein bekanntes, aber ziemlich versteckt gelegenes Restaurant,
das früher einmal ein Hamam (türkisches Bad) war. Das jetzige Lokal „Malek Soltan
Jarchi Bashi" ist in jüngerer Zeit
wunderschön restauriert und in ein Restaurant mit einmaligem Ambiente und
durchaus sehr leckerem Essen umfunktioniert worden. Wir probieren Biryani
("Isfahan Biryani"), eine regionale Spezialität und - wie das iranische Essen
überhaupt - sehr lecker, aber recht schwer.
Der späte Nachmittag gestaltet sich ruhig und erst gegen Abend rücken wir wieder aus. Wir spazieren ein wenig am Fluss herum, sehen kleine Privatgärten, eher Parzellen, auf denen Privatleute ihr eigenes Gemüse anbauen. Bei manchen ist die Ernte so groß, dass sie das, was sie selbst nicht essen können, gleich direkt am Straßenrand zum Verkauf anbieten.
Am Rand der Stadt erhebt sich ein Berg, auf den eine
Seilbahn führt. Von oben hat man einen herrlichen Blick auf das Lichtermeer der
Stadt. Auf der „Bergstation“ befindet sich ein Café und man merkt, dass hier
ein relativ unbeobachteter Fleck ist, denn einige Pärchen verbringen hier oben
ungestört etwas Zeit miteinander. Wir hören, dass die Situation bei der Regierung
nicht auf Begeisterung stößt, trotzdem scheint man nichts weiter dagegen zu
unternehmen. Am gleichen Berg befindet sich auch noch ein gutes Restaurant, das
gutes Essen und ebenfalls einen tollen Blick über die Stadt bietet. Vom
Parkplatz wird man mit einem restauranteigenen Shuttlebus hochgefahren. Und obwohl
wir uns schon langsam kugeln können, finden wir auch hier wieder etwas, was wir
zuvor noch nie gegessen haben.
26. Mai 2013
Wir genießen noch einmal das gute und reichhaltige Buffet im
reich verzierten Frühstücksraum, bevor wir mit Ali zu den "Schwingenden
Minaretten" fahren. Unterwegs halten wir kurz am altem Feuertempel, einem
Bauwerk aus vorislamischer Zeit auf der Spitze eines Hügels. Untersuchungen
haben ergeben, dass das Bauwerk auf das 6. Jh vor Christus zurückgeht und somit
aus der (wahrscheinlichen) Zeit Zarathustras, eines persischen
Religionsstifters, stammt. Das Feuer hatte damals eine gottgleiche Symbolik und
wurde dauerhaft auf dem Gipfel an einer dafür vorgesehenen Feuerstelle, vermutlich
weithin sichtbar bewahrt.
Nur ein paar Blocks weiter erreichen wir schließlich die
„Schwingenden Minarette“. Sie lassen sich von einer Person leicht in Schwingungen versetzen, die sich aufgrund einer baulichen Besonderheit – das Gebäude hat ein
„Skelett“ aus Holzbalken, die Minarette sind auf diese Weise quasi verbunden – auch
auf das andere Minarett überträgt. Wir meinen, dass dies lediglich eine leichte
Schwingung sein kann, sehen dann aber in einem Film, dass die Minarette
tatsächlich dermaßen wackeln, dass man sich wundern muss, warum sie im Lauf der
Jahrhunderte nicht längst eingestürzt sind.
Am Rückweg, der erneut am Feuertempel vorbeiführt, halten
wir unvermittelt an und Ali steigt aus. Kurz darauf kommt er mit vier Bechern Safran-Eis
zurück. „Das beste Eis im Iran“ sagt er und er hat nicht übertrieben, wie sich
herausstellt. Es wird ausschließlich von Hand hergestellt und schmeckt, gerade
in Verbindung mit seiner zähen Konsistenz einzigartig.
Die letzte Sehenswürdigkeit, die wir in Isfahan besuchen,
ist der Tschehel Sotun, der "Gartenpalast der 40 Säulen" aus dem Jahr 1647. Man zählt zwar nur 20 hölzerne
Säulen in der großen Veranda, aber im Pool, der sich direkt vor dem Palast
durch die gepflegte Gartenanlage erstreckt, spiegelt sich das gesamte Gebäude
und so kommt man rein rechnerisch auf 40 Säulen.
Die Zeit in Isfahan war kurz und ist schnell vorübergegangen. Wir hatten
nicht einmal Zeit, Ali’s Autos zu besichtigen, vorwiegend
amerikanische Modelle. So kennen wir nur den blauen Chevrolet Bel Air, mit dem
er ein paar Tage zuvor an der Rallye teilgenommen hat. Aber wir versprechen
ohnehin, wieder zu kommen, denn das extrem saubere Isfahan hat uns sehr gut
gefallen. Aus Zeitgründen mussten wir auch den geplanten Besuch von Schiraz und
Persepolis absagen und so haben wir wirklich nicht nur einen Grund, wieder in
den Iran zu reisen. Auch die alte Wüstenstadt Yast muss mehr als sehenswert
sein. Und wir wissen ja nun, dass eine Reise in den Iran eigentlich ziemlich
unproblematisch ist.
Der Paykan war das erfolgreichste Model von Iran Khodro, gebaut v. 1967-2005 auf Basis des Hillman Hunter
Zurück am Abbasi-Hotel verstauen wir unser Gepäck wieder auf
dem Dach und machen uns auf die Rückfahrt nach Teheran, die – abgesehen von
einem kleinen Sandsturm mit etwas Regen – unspektakulär abläuft. Leider findet
unser Fahrer den Weg in Teheran nicht und so kommen wir mit fast zwei Stunden
Verspätung dort im Hotel an. Das für heute Abend eigentlich geplante Interview
mit der Rennfahrerin fällt somit aus, denn sie konnte leider nicht mehr länger
auf uns warten. Wir vereinbaren daher, das Interview per eMail nachzuholen.
Schon ist unser letzter Tag im Iran angebrochen. Heute
wollen wir noch etwas von Teheran sehen. Unsere neuen Freunde Taha und Baha
holen uns ab und wir fahren zum Palast des letzten Schahs, fast schon am Fuße
der Berge gelegen. Leider können
wir den Niavaran-Palast wegen Filmarbeiten nicht besichtigen. In einem kleinen Museum
sehe ich jedoch wenigstens noch die beiden Rolls-Royce Staatskarossen sowie
einige Kinderfahrzeuge der Familie von Schah Mohammad Reza Pahlavi, der hier
zuletzt mit seiner dritten Ehefrau Farah Diba lebte, bis er wegen der islamischen
Revolution 1979 nach Ägypten floh, wo er dann 1980 (in Kairo) verstarb.
Auch Teheran hat natürlich mehrere Bazare. Wir gehen in den
Nord-Bazar, der ganz in der Nähe liegt. Vorher aber kaufen wir noch iranische
Süßigkeiten in dem dafür bekanntesten Laden. Da wir zahlreiche Mitbringsel für
die hiesigen Oldtimerfreunde dabei hatten, haben wir genügend Kapazitäten in
unserem Reisegepäck, die wir natürlich auch ausnützen wollen. Im Bazar naschen wir
frische Maulbeeren und probieren allerlei andere Köstlichkeiten, deren Namen wir uns nicht
andeutungsweise merken konnten. Schließlich erstehen wir noch ein paar kleine
Souvenirs und Mitbringsel, bevor es langsam ernst wird.
Ramin hat uns heute noch zum Abendessen zu sich nach Hause
eingeladen. Endlich Gelegenheit, auch seine Familie kennen zu lernen, von der
wir schon viel gehört haben. Vor allem war unsere Tochter (11) sehr auf Ramin’s
Töchter (10 und 12) gespannt und die Mädchen verstanden sich nach anfänglicher
Scheu sehr gut. Nach dem Essen nutzen Ramin und ich die verbleibende Zeit noch aus, über
Autos zu reden, während das Reisegepäck derart umgepackt wird, dass es den
Gewichtsvorschriften der Airline entspricht. Gegen 23 Uhr fahren wir dann ein
letztes Mal durch das nächtliche Teheran zum Flughafen.
Unser Flug nach
Frankfurt sollte um kurz nach drei Uhr morgens starten, hatte dann aber dummerweise
vier Stunden Verspätung und so verbringen wir die ganze Nacht am Flughafen. Zu
allem Überfluss gibt es dann an Bord zwei medizinische Notfälle. Während der
erste offenbar weniger schlimm ist, führt der zweite zu einer nicht geplanten
Zwischenlandung, ausgerechnet in München. Wir dürfen aber nicht aussteigen und
müssen ordnungsgemäß erst weiter nach Frankfurt, um dann von dort wieder zurück
nach München zu fliegen. Deutschland hat uns wieder.
Fazit:
Der Iran ist ein erstaunliches Land. Unso erstaunlicher,
dass wir praktisch nichts über Land und Leute wissen, denn in den westlichen
Medien findet praktisch nur ein "böser Iran" statt. Keine
Rede von freundlichen und überaus höflichen Menschen. Keine Rede von gutem
Essen und herzlicher Gastfreundschaft. Keine Rede von interessanten Sehenswürdigkeiten und unglaublicher Geschichte. Wir hören eigentlich nur von „irren Politikern“ und
fanatischen Islamisten, von der Achse des Bösen und von Atombombenprogrammen.
Ich will damit nicht sagen, dass diese Probleme nicht existieren. Auch bin ich eigentlich für strikte Trennung von Politik und Religion. Und die Bekleidungsvorschriften
für Frauen erscheinen mir eher befremdlich. Das aber sind „Probleme“, die wohl
das iranische Volk selbst lösen muss und mit der Zeit hoffentlich auch in
seinem eigenen Sinne lösen wird. Ich sehe zumindest keinen ernsthaften Grund, warum
sich der Westen derart schulmeisterlich aufspielt und meint, seine eigene
„Wahrheit“ als die einzige Wahrheit jedem Land auf der Welt überstreifen zu müssen. Und zum
Atomprogramm fällt mir nur ein, dass mir eine „Atommacht Iran“ irgendwie
berechenbarer und sicherer erscheint, als z. B. Pakistan oder Kasachstan. Wobei
– da war ich noch nicht und ich habe gelernt, dass es durchaus gefährlich ist,
über ein Land und seine Bewohner zu urteilen, bevor man sich nicht selbst ein
Bild davon gemacht hat. Denn auch bei uns im Westen wird ganz offenbar ebenfalls
nur der Teil der Wahrheit erzählt, den unsere Regierungen für den „richtigen“
Teil halten. Aber was weiß ich schon?!
Sollte also jemand grundsätzliches Interesse am Iran und
seiner Kultur haben, kann ich ihn nur dazu ermuntern, die Reise vorurteilsfrei anzutreten.
Die Oldtimerfreunde zumindest ticken dort eigentlich genauso wie wir!
Nachtrag 1:
Hier geht es zur Veröffentlichung im "The Motoring Journal".
Und hier zum Artikel auf "Car Guy Chronicles".
Nachtrag 2:
Eine andere Seite macht aufmerksam: "Chris on Cars"
Hier geht es zur Veröffentlichung im "The Motoring Journal".
Und hier zum Artikel auf "Car Guy Chronicles".
Nachtrag 2:
Eine andere Seite macht aufmerksam: "Chris on Cars"
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